Einsatzstrukturen im Wandel der Zeit
In den Zeiten der Gründungsväter der Feuerwehr in Verl, aber auch noch viele Jahre später, war »Feuerwehr« eigentlich ein einfaches Geschäft. Im Einsatzfalle wurde per Sirene – später dann per Funkmeldeempfänger – alarmiert.
Die Kameraden eilten zum Gerätehaus, um dann von dort mit den Einsatzfahrzeugen auszurücken. Hierbei wurden sie oftmals von einer großen Schar Schaulustiger verfolgt. Häufig zeigte damals nachts der »Rote Hahn« bereits den Weg. An der Einsatzstelle wurde dann das Feuer mit den zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft. Atemschutzgeräte waren eher selten verfügbar, Funkgeräte waren kaum oder gar nicht vorhanden, so dass für die Weitergabe von Nachrichten Melder eingesetzt wurden.
Auch gab es relativ wenige Vorgaben, Gesetze und Verordnungen, die es zu beachten galt. Die Kameraden der damaligen Zeit haben nach bestem Wissen und Gewissen ihre Arbeit erledigt und versucht, den Schaden für Mensch und Umwelt so klein wie möglich zu halten. Wenn der Einsatz dann erledigt war, sind die Kameraden russgeschwärzt zum Gerätehaus zurückgefahren, haben die Fahrzeuge wieder einsatzbereit gemacht, dann noch ein wenig zur »Einsatznachbesprechung«
zusammen gesessen, bevor sie wieder nach Hause zurückkehrten. Maximal wurde nach dem Einsatz ein kurzer Bericht geschrieben, der auch nicht viel mehr als eine Anwesenheitsliste war.
Wie sich die Zeiten ändern...
Heute werden alle Feuerwehrkameradinnen und -kameraden über digitale Funkmeldeempfänger alarmiert. Je nach Alarmstichwort und Alarmstufe wird eine vorher festgelegte Anzahl von Meldeempfängern ausgelöst. Eine Alarmierung über Sirenen erfolgt heute nicht mehr.
Leider sind die heutigen Einsatzlagen nicht mehr so eindeutig, wie es das geschilderte Beispiel aus früheren Tagen zeigte. Trotz Unterscheidung von Brand- und Hilfeleistungseinsätzen mit den entsprechenden Abstufungen in der Alarmierung ist immer mit verschiedensten Unwägbarkeiten bei den Einsätzen zu rechnen. Bei kleineren Einsatzlagen ist dieses in der Regel recht unkritisch und problemlos abzuarbeiten. Bei größeren Schadensereignissen stellt dieses jedoch heute ganz andere Anforderungen an die Arbeit der Feuerwehr.
Aktuell hat sich die Feuerwehr nicht nur auf veränderte Einsatzschwerpunkte und hohe technische Herausforderungen im Einsatzgeschehen einzustellen. Vielmehr ist heute mehr denn je eine strukturierte und klar gegliederte Herangehensweise gefordert. Neben den vorhandenen Führungsstrukturen vom Einsatzleiter über die Abschnittsleiter bis hin zum Gruppenführer sind mittlerweile auch in erheblichem Umfange Belange der Kommunikation und der Dokumentation des Einsatzgeschehens zu beachten. Insbesondere dann, wenn mehrere Feuerwehreinheiten in das Einsatzgeschehen eingebunden sind.
Waren in früheren Jahren keine oder nur sehr wenige Funkgeräte bei der Feuerwehr verfügbar, so ist heute eine Einsatzstellenkommunikation ohne tragbare Funkgeräte kaum vorstellbar. Es ist daher zwingend erforderlich, nicht nur das technische Gerät, d.h. die Sprechfunkgeräte, in ausreichender Anzahl vorzuhalten, sondern auch Strukturen zu schaffen, die eine geregelte Kommunikation an der Einsatzstelle möglich machen.
Hier kommt dem Einsatzleitwagen eine zentrale und immer wichtiger werdende Bedeutung zu. Dieses Fahrzeug ist ein Führungsmittel des Einsatzleiters. Die Besatzung des Einsatzleitwagens unterstützt den Einsatzleiter entsprechend bei seiner Aufgabe.
So wird beispielsweise über den Einsatzleitwagen sichergestellt, dass zum einen eine funktechnische Bildung von Einsatzabschnitten durch Kanalzuweisungen, zum anderen aber auch die entsprechende Verbindung zur Leitstelle des Kreises Gütersloh oder aber – bei größeren Einsatzlagen – zur Gesamteinsatzleitung gehalten wird.
Neben der rein technischen Umsetzung der Einsatzstruktur im Bereich der Kommunikation kommt für die Besatzung des Einsatzleitwagens noch ein erheblicher administrativer Aufwand hinzu. So gilt es, ein Einsatztagebuch zu führen und die wesentlichen ein- bzw. ausgehenden Funkgespräche zu protokollieren und zu dokumentieren. Auch die Einsatzstellendokumentation mit Kräftenachweisen, Einsatzstellenfotos und ähnlichem gehören zum Aufgabenspektrum. Je nach Größe des Einsatzes übernimmt der Einsatzleitwagen die Atemschutzüberwachung. Bei größeren Einsätzen wird diese Aufgabe jedoch an ein anderes Fahrzeug delegiert und dort in der Regel eine zentrale Atemschutzüberwachung eingesetzt.
Doch nicht nur der Einsatzleitwagen ist mit einer Vielzahl von administrativen Aufgaben belegt. Mittlerweile ist von jedem Einsatzfahrzeug nach jedem Einsatz eine Fahrzeugdokumentation zu erstellen, aus der genau hervorgeht, welche Mannschaft mit dem Fahrzeug ausgerückt ist, wer welche Funktion übernommen hat, welche Maßnahmen vor Ort getroffen und welche Einsatzmittel eingesetzt wurden. Nach dem Einsatz werden alle Fahrzeugberichte sowie die Aufzeichnungen aus dem Einsatzleitwagen zu einem zusammenhängenden Einsatzbericht zusammengestellt.
Doch warum das alles? Warum reicht es nicht mehr aus, bei einem Brandeinsatz einfach nur auszurücken, das Feuer zu bekämpfen und nach erfolgreicher Arbeit wieder ins Gerätehaus zurückzukehren?
Dei Zeiten haben sich geändert...
Heute unterliegt die Arbeit der Feuerwehr - wie auch viele andere Bereiche der Gesellschaft – strengen Vorgaben und Auflagen, die zu beachten sind. Gerade im Bereich der Feuerwehreinsätze sind – und das liegt in der Natur der Sache – besondere Gefahren für Leib und Leben der Feuerwehrangehörigen aber auch für Personen und Sachwerte zu beachten, die nicht unmittelbar vom Schadensereignis gefährdet sind.
Neben den Fragen des immer mehr in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung rückenden Umweltschutzes sind heute unterschiedlichste Rechtsfragen zu beachten, die sich aus dem Feuerschutz- und Hilfeleistungsgesetz NRW (FSHG) wie aber auch aus anderen Gesetzen
und Regelwerken (z.B. StGB, BGB, StVO) ergeben. Insbesondere die Einhaltung der Vorschriften zum Schutz der eigenen Einsatzkräfte (Feuerwehrdienstvorschriften, Unfallverhütungsvorschriften) ist von absoluter Wichtigkeit. Gerade auch mögliche aktuelle Schadensersatzansprüche oder aber sich möglicherweise als Spätfolgen aus einem Schadensereignis ergebende Ansprüche sind im Rahmen der Dokumentation des Einsatzgeschehens zu berücksichtigen.
Auch die heute omnipräsenten Print- und Rundfunkmedien verlangen eine umfangreiche und genaue Aufklärung über das Schadensereignis und die eingeleiteten Maßnahmen der Feuerwehr. All diesen genannten Ansprüchen kann die Feuerwehr heute nur dann gerecht werden, wenn sie in der Lage ist, standardisierte Einsatzstrukturen zu schaffen und den notwendigen Dokumentationsaufwand in einem noch zu bewerkstelligenden Rahmen zu halten.
Die Zeiten werden sich weiter ändern - wir stellen uns darauf ein!